alt – arm – allein: Im Rentenalter auf Hilfe angewiesen zu sein, hätte Gerd (*) sich niemals vorstellen können oder wollen. Dann geriet der gebürtige Kölner, der seit 2002 in Kaiserslautern lebt, in eine Notsituation, in der „alt – arm – allein“ ihm durch Vermittlung seiner Vermieterin unterstützend zur Seite stand. Dazu war es gekommen, weil Gerd mit seiner Miete immer wieder in Rückstand geriet.
Von Heidelore Kruse
Bei Kaffee „mit Milch und Zucker“ und einem leckeren Stück Schokoladenkuchen, den Teamleiterin Sabine Paulus von zuhause mit in die Geschäftsstelle von „alt – arm – allein“ gebracht hat, schildert Gerd seine Lebensgeschichte. Er hatte als Autoschlosser gearbeitet, war auf dem Bau tätig und schließlich viele Jahre als Arbeitsloser Bezieher von Hartz IV. Seine vier kaputten Bandscheiben erwähnt er nur am Rande. Bis seine Sehschwierigkeiten schlimmer wurden, nahm er an Eingliederungsmaßnahmen teil, bei denen er über das Jobcenter mit Ein-Euro-Jobs im Krankenhaus und im Tierheim gearbeitet hat. Er habe fast nichts mehr gesehen, nicht einmal die Anträge für seine Rente und die Grundsicherung habe er so noch ausfüllen können, schildert Gerd. Die Konsequenz: „Ich hatte einfach kein Geld mehr.“
Von der Vermieterin auf die Situation des Seniors aufmerksam gemacht, der offensichtlich Hilfe brauchte, kam Sabine Paulus bei Gerd vorbei, erkannte, dass der Mann schlecht versorgt war und nicht selbst einkaufen gehen konnte. Sie übernahm das Einkaufen für ihn, versorgte ihn mit vorwiegend haltbaren Lebensmitteln. Eigenes Einkommen hatte er da immer noch nicht.
Einer gesetzlichen Betreuerin sei es schließlich gelungen, ihn von einer Augenoperation zu überzeugen, erzählt Paulus. Gerd ist glücklich darüber, denn eigentlich waren die Augen ja die ganze Zeit sein Hauptproblem gewesen. Als das erste Auge operiert war, habe er erst gesehen, wie es in seiner Wohnung aussah, schildert er. Dieser Zustand habe überhaupt nicht zu ihm gepasst. Inzwischen sieht er wieder und ist „fast wie neu“, sagt er. Seine Rente ist mittlerweile geregelt und durch Grundsicherung aufgestockt. Und seine Wohnung ist nicht nur aufgeräumt, er ist dabei, sie zu renovieren: „Außer Starkstrom baue ich das Haus allein.“
So begeistert der Senior über die Hilfe ist, die ihm hier in Kaiserslautern zuteil wird, ganz so aktiv wie früher ist sein Leben heute nicht mehr. Ihm fehlen die früheren Freunde im und ums Haus herum, die im Laufe der vergangenen zehn Jahre verstorben sind – ganz besonders die langjährige Freundin. Damit er trotz seiner körperlichen Beschwerden wenigstens in Bewegung bleiben und sich selbst versorgen kann, hat er sich ein Dreirad angeschafft.
Dass nicht einmal sein Arzt ihm dieses Fortbewegungsmittel verschreiben wollte und er somit den eigentlich notwendigen Zuschuss nicht erhielt, hat ihn nicht von dem Kauf abgehalten. Er macht’s mit Ratenzahlung und bleibt damit schuldenfrei. Darauf hatte er immer schon Wert gelegt.
* Name von der Redaktion geändert
Quelle:
DIE RHEINPFALZ, Lokalausgabe Pfälzische Volkszeitung vom 10.12.2022