Inmitten eines starken Unterstützer-Teams lauern fünf besondere Einsatzkräfte: Wenn’s bei Bedürftigen mal klemmt, knarrt oder flackert, rückt einer von der schnellen Eingreiftruppe aus. Die Ruheständler sind die „flotten Engel“ unter den Helfern bei „alt – arm – allein“. Von ihren Missionen kehren sie nicht selten nachdenklich oder gar traurig zurück.
Von RHEINPFALZ-Redakteur Christian Hamm
Mit ihnen hat’s das Leben wahrlich gut gemeint. Allesamt haben sie einst Haus gebaut und Baum gepflanzt, auch etwas von der Welt gesehen, Erfüllung in Familie und Beruf gefunden. „Ich wollte gern etwas zurückgeben“, sagt Manfred Altschuck lapidar – und damit bringt er auf den Punkt, was ihn wie seine Mitstreiter zu guten Taten motiviert hat. „Ja. Uns geht es gut“, pflichtet Wolfgang Bock gern bei. „Vielen anderen leider nicht.“
Jenen anderen zu helfen – betagten Menschen, die einsam und nicht gut betucht sind –, hat sich die Initiative „alt – arm – allein“ auf die Fahne geschrieben. Und der Kreis der ehrenamtlich wirkenden Unterstützer ist nicht gerade klein. In einem starken Team von Helfern in der Not nimmt nun ein „Rentner-Quintett“ eine Sonderrolle ein.
„Ich geh’ auch mal einkaufen. Aber die Leute besuchen und spazieren gehen? Das ist nicht so meins“, spricht Andreas Kranich auch den Kollegen aus der Seele. Sie alle haben sich dazu entschieden, in puncto Altenhilfe eine andere Stärke auszuspielen. Jeder für sich scheint eher ein Mann der Tat zu sein als gerne Worte zu verlieren. Das vereint die fünf, die – unabhängig voneinander, der eine schon vor vielen Jahren, der andere erst im vergangenen – den Weg zu „alt – arm – allein“ gefunden haben.
Eher Nachbarschaftshilfe als Konkurrenz für Handwerker Sabine Paulus spricht fast liebevoll von „unseren Engeln“: Die Leiterin der Geschäftsstelle und ihre Kollegin Ute Zerger sind es in erster Linie, die die Einsätze der schnellen Truppe koordinieren. Ein Anruf genügt in aller Regel, schon brausen einer oder zwei gemeinsam los, um bei Betreuten der Altenhilfe-Organisation kleinere Malheurs zu beseitigen. Das reicht vom Glühbirnen-Wechsel – der auch Menschen knapp jenseits der 60 bereits allzu leicht überfordern kann – bis hin zu Bettaufbau und Umzugshilfe.
Meist sind es ja handwerkliche Tätigkeiten, die der Erledigung harren. Doch betont Sozialdienst-Leiterin Sabine Paulus: „Es geht keinesfalls darum, Handwerker zu ersetzen. Wir möchten keinem Betrieb Konkurrenz machen.“ Eher seien die Leistungen des Quintetts in der Rubrik Nachbarschaftshilfe einzuordnen. Für Menschen eben, die keine bereitwillig helfenden Nachbarn neben sich wissen und keine Verwandten, die solch anfallende Arbeiten mal eben rasch erledigen könnten.
Klar ist von daher, dass bei diffizileren Problemen Fachleute ran müssen. „Aber die kommen ja nicht wegen Kinkerlitzchen“, sprechen die „Hilfs-Handwerker“ aus Erfahrung. Davon mal ganz abgesehen: Einen Elektrofachbetrieb anzuheuern, weil eine Lampe auszutauschen ist, das könnten sich die Betreuten in aller Regel niemals leisten.
Umso besser, dass von der flotten Eingreiftruppe ein jeder seine Fertigkeiten einbringt. Wie Karl-Hermann Krause, der bis zum Ruhestand bei einem Bildungs- und Qualifizierungsträger gearbeitet und ohnehin einen profunden beruflichen Hintergrund hat, der ihn für die Aufgabe prädestiniert. Der Tischler hat sich in seinem Metier bis zum Techniker weiterqualifiziert. Da geht’s leicht von der Hand, mal eine klemmende Schranktür zu richten. „Das wächst sich auch mal aus“, erzählt Krause belustigt von „Folgeaufträgen“. Da habe sich zur defekten Tür schnell noch eine nicht mehr funktionierende Schublade gesellt, hat auch eine Schrankrückwand der Aufmerksamkeit bedurft, ehe schließlich eine Glasscheibe im Schrank zu ersetzen war. „Aus einem Besuch sind dann vier geworden …“
Klar: Die Herren sind stets höchst willkommen, wenn sie in „alt – arm – allein“-Mission irgendwo reinschneien. Fast seit Anbeginn laufen die Hilfseinsätze, bei denen lange Zeit auch die inzwischen verstorbenen Wolfgang Becker, Walter Bohlander und Dieter Becker einiges geleistet haben, wie Sabine Paulus sagt.
Die Hilfsbereitschaft wird nun keineswegs ausgenutzt, allerdings ergebe sich doch das ein oder andere zusätzlich – auch weil allein schon die Gesellschaft der Helfer bei den Schützlingen etwas bewirkt. Dass damit auch die Ansprüche wachsen können, stecken die fünf Herren lächelnd weg. Deshalb war es für Andreas Kranich auch keinerlei Frage, unlängst ruckzuck nach Hochspeyer zu düsen, weil eine betagte Dame dort ihren Fernsehsessel nicht mehr richtig einstellen konnte. „Ich habe das dann eben mit einer kleinen Motorradtour verbunden“, erzählt Kranich.
Seine Frau war es, die sich für ein Engagement bei der Altenhilfe entschieden hat. Kranich ist dann mitgegangen – und hat zu seiner Freude erkannt, dass er dort gebraucht wird und Erfüllung findet. Um pfiffige Lösung offenkundig nicht verlegen, hat der Hohenecker auch schon kleinere Hilfsmittel für Senioren selbst entwickelt und gebaut.
Als Spezialist beim einst großen Nähmaschinen-Hersteller ist Wolfgang Bock in aller Welt herumgekommen, hat viele Jahre in fernen Ländern verbracht. Bei ihm war es ebenfalls die Ehefrau, die die Tür zu „alt – arm – allein“ geöffnet hat. Nicht anders war es bei José Goncalves. Der Portugiese hat „ins Paffe geschafft“, war danach Leiter eines Einzelhandelsunternehmens in Mannheim, ehe er sich im „Unruhestand“ wiederfand. Was nun? „Wir wollten was Sinnvolles tun – für andere, denen es weniger gut geht.“
Goncalves spricht diesen Satz aus, als sei es das Normalste von der Welt. Ist es aber nicht. „Was wir tun, macht schon etwas mit einem“, sagt Manfred Altschuck nachdenklich. Er hat „etwas zurückgeben“ wollen. Und bekommt, wie er erfahren hat, bei seiner Arbeit wiederum stets selbst etwas wieder – Herzlichkeit, Dankbarkeit. Und „Es erdet einen“: Man merke immer wieder, wie gut es einem selber gehe.
Erinnerung an Schrott-Umzug und Feuergefahr am Herd Indes: „Man muss auch Abstand halten können – emotional“, stimmt Kranich ein. Er und die Kollegen sprechen von Zuständen, die sie zu Gesicht bekommen, die im Grunde eine Schande seien. „Wie manche Leute leben müssen.“ Einmal sind sie ausgerückt, um Umzugshelfer zu spielen. „Wir haben nichts anderes als Schrott umgezogen …“ Nicht selten kehrt die Truppe von ihren Besuchen nachdenklich, sogar traurig zurück.
Altschuck ist der einzige im Quintett, der im Landkreis und nicht in der Stadt zu Hause ist. Der Ramsteiner ist als Bundesbeamter viel herumgekommen und hat dienstlich so einige Milieus kennengelernt. Er dürfte auch den kuriosesten Einsatz erlebt haben: Der schien so unspektakulär. Eigentlich war nur der Abfluss der Küchen-Spüle verstopft.
Während Altschuck schraubend unten im Spülschrank lag, fing die Dame des Hauses über ihm an, Kartoffeln zu brutzeln. „Wir müssen in den Keller, Wasser abdrehen. Haben sie den Schlüssel einstecken?“, fragte er noch. „Sicher.“ Also runter. Wieder treppauf, stand das Duo prompt vor verschlossener Wohnungstür. Schlüssel? „Ei jo, ich hab gemeint, den vom Keller.“ Derweil bahnte sich in der Wohnung ein Fiasko an. „Es hat schon brenzlig gerochen.“
Altschuck hatte Glück, ein Schlüsseldienst-Mitarbeiter eilte herbei. Gefahr gebannt. „Ich hatte aber kein Geld dabei.“ Also fuhren beide zur Bank, damit sich Altschuck am Automat bedienen und den Türöffner entlohnen konnte. Dass der Nothelfer bei seinem Einsatz ungünstig geparkt hatte und prompt ein Knöllchen vorfand, war das Sahnehäubchen. „Das hab’ ich dann auch noch bezahlt“, erzählt Altschuck von einer Begebenheit, die er nie wieder vergessen wird.
Quelle: DIE RHEINPFALZ, Ausgabe Pfälzische Volkszeitung vom Samstag, 25.11.2023, Lokalseite 4
Fotos: Christian Hamm