Sozialminister Schweitzer informiert sich bei alt-arm-allein

Probleme der Menschen werden essenzieller

von Christian Clemens, Leiter der Redaktion Kaiserslautern

 

Wenn Sie mir nicht helfen können, bringe ich mich um.“ Diesen Satz hat Sabine Paulus von der Geschäftsstelle von alt-arm-allein vergangene Woche dreimal gehört. Die Probleme der Menschen werden essenzieller, sagte sie beim Besuch des rheinland-pfälzischen Sozialministers Alexander Schweitzer (SPD), der sich über die Arbeit der Altenhilfe informierte.

„Die Krisen der vergangenen Jahre kommen in den Privathaushalten an“, folgert Schweitzer (am rechten Bildrand) aus dem, was ihm Paulus und die Ehrenamtlichen von alt-arm-allein berichten. Seit 1997 gibt es die Altenhilfe für Stadt und Kreis Kaiserslautern, die von Marienkirche, Apostelkirche und der RHEINPFALZ getragen wird. Alten Menschen zu helfen, unbürokratisch, direkt, aber auch diskret, das ist der Anspruch von alt-arm-allein, erläuterte Hans-Joachim Schulz. Diskret, weil es oft mit Scham besetzt ist, Hilfe anzunehmen. Insbesondere für Menschen aus der Mittelschicht, die im Alter durch Schicksalsschläge, Krankheit oder den Tod des Partners das eigene Auskommen nicht mehr bestreiten können. Dank der jährlichen Weihnachtsspendenaktion kann die Altenhilfe unterstützen, wenn die Strom- oder Arztrechnungen nicht mehr bezahlt werden können oder das Geld für einen neuen Kühlschrank fehlt. „Inzwischen kommen immer mehr Menschen am Ende des Monats, weil sie kein Geld für Nahrungsmittel mehr haben“, berichtete Sabine Paulus. Das sei vor neun Jahren, als sie zur Altenhilfe kam, noch nicht so gewesen. Doch die Arbeit beschränkt sich nicht auf Sachleistungen. Sabine Paulus berät die Hilfsbedürftigen, der Verein ermöglicht Teilhabe. Senioren könnten sich beispielsweise Fahrkarten nicht leisten, um an gesellschaftlichen Veranstaltungen teilzunehmen oder Verwandte und Bekannte zu besuchen. Der Verein bietet Ausflüge an, um den betreuten Senioren Abwechslung in ihrem Alltag und Kontakt zu anderen zu bieten. Dazu gibt es einen Besuchskreis von rund 50 Ehrenamtlichen, die die Senioren aufsuchen, um so Einsamkeit zu bekämpfen.

Karl-Heinz Drumm ist seit sechs Jahren dabei. „Ich habe vor allem Heimbesuche übernommen, auch Sterbevorgänge begleitet“, erzählte er am Dienstag. „Was ich in sechs Jahren gelernt habe, ist höchst wertvoll “, schilderte der Rentner, dass ihm das Ehrenamt viel zurückgibt. Es müsse ja einen Grund geben, warum Menschen sich engagieren. Das ist oftmals nicht die Anerkennung, so der Minister, sondern weil man abends weiß, dass man etwas Richtiges getan habe. „So ein Ehrenamt kann man nicht professionalisieren“, sagte Schweitzer, der einschränkte, dass man Ehrenamtler und Fachkräfte brauche. Die Grenzen seien fließend, sagte Paulus. Beispielsweise, wenn jemand nach einer ambulanten OP nach Hause komme und Betreuung brauche, aber niemand da ist. „Dann sind wir beim Thema Einsamkeit“, so Paulus. Dass ein Ehrenamtler die Betreuung übernehme, sei eine riesige Verantwortung.

Probleme, mit denen die Altenhilfe konfrontiert werde, seien auch lange Bearbeitungszeiten, etwa bei Wohngeldanträgen, schilderte Schulz. Sechs Monate dauere das aktuell bei der Verwaltung, ergänzte Paulus: „Und der Amtsleiter sagt mir, er könne nichts machen.“ Es fehle an Arbeitsmaterialien, die Mitarbeiter seien am Limit. Wenn jemand Anspruch auf eine Unterstützung habe, sie aber einfach nicht bekomme, „das macht etwas mit den Leuten“, unterstrich Schulz.

Ganz grundsätzlich sei er froh, dass der Wohngeldempfängerkreis durch die Bundesregierung deutlich erweitert wurde, so Minister Schweitzer. Davon profitierten viele Menschen. Natürlich müsse man sich aber fragen, ob sich alle gut genug darauf vorbereitet haben.

Quelle:
DIE RHEINPFALZ, Lokalausgabe Pfälzische Volkszeitung vom 30. August 2023

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