Aus Einmaligkeit entsteht Einmaliges

Die Altenhilfe „alt – arm – allein“ kann auf eine 25-jährige Erfolgsgeschichte zurückblicken. Aus einer ursprünglich für ein Jahr gedachten Aktion ist ein regionales Sozialwerk geworden.

Hans-Joachim Redzimski, der Ende 2020 nach 28 Jahren als Leiter der Kaiserslauterer RHEINPFALZ-Lokalredaktion in die passive Phase der Altersteilzeit ging, war es, der sich in den 1990er Jahren Gedanken gemacht hat, welchen Beitrag die Lokalausgabe der Tageszeitung in der Weihnachtszeit zum Allgemeinwohl der Bürger leisten kann. Entstanden sind mehrere Spendenaktionen. 1994 galt eine Aktion der Anschaffung eines Busses für Menschen mit Beeinträchtigungen. 1995 war der Erlös aus den Spenden für die Anschaffung eines Inkubators für die Kinderstation des Westpfalz-Klinikums bestimmt. Ein Jahr später, 1996, waren es Spielinseln, die zusammen mit dem Grünflächenamt der Stadt realisiert werden konnten.

So richtig zufrieden sei er mit der Spendensammlung für Spielinseln im Nachhinein nicht gewesen, blickt Redzimski zurück. Für 1997 musste es daher etwas anderes, etwas Besonderes sein. Aber wofür? „Mach was für alte Leute“, sei der Ratschlag seiner Mutter gewesen. „In nur wenigen Tagen war ,alt – arm – allein’ erfunden.“ Das Anliegen der Altenhilfe war rasch formuliert: „alt – arm – allein“ soll älteren, bedürftigen und alleinstehenden Menschen unbürokratisch, gezielt und überkonfessionell helfen und dabei auch Herzenswünsche erfüllen, jedoch keine Geldleistungen erbringen.

„Pfarrer Edmund Janson, damals zuständig für die Pfarrei St. Maria, und Dieter Schupp, Pfarrer an der Apostelkirche, waren Feuer und Flamme, als ich ihnen von meinem Vorhaben erzählte und sie bat, meine Partner zu werden“, erinnert sich Redzimski zurück.

Was beim Spendenaufruf am 20. November 1997 in der Lauterer Ausgabe der RHEINPFALZ nur für ein Jahr gedacht war, entwickelte eine rasante Eigendynamik. „Aus der Einmaligkeit ist etwas Einmaliges geworden“, bringt es Redzimski auf den Punkt. Parallel zum Spendenaufruf wurde ein Arbeitskreis berufen, der sich um die Verteilung der eingehenden Spendengelder kümmern sollte. Als Vorsitzender des Arbeitskreises wurde Hans-Joachim Schulz, der ehemalige Leiter des Caritas-Zentrums Kaiserslautern, bestimmt. Mit umgerechnet 77.000 Euro sei der Start der von der RHEINPFALZ, der Apostelkirche und der Marienkirche gemeinsam getragenen Altenhilfe gut angelaufen.

Angetan vom Erfolg des ersten Spendenaufrufs für „alt – arm – allein“, wurde die Aktion zugunsten älterer Menschen fortgesetzt. Die große Resonanz, die der Weihnachtsspendenaktion in der Öffentlichkeit zuteil wurde, motivierte Redzimski 2001 zu einer Eröffnungsveranstaltung mit einem Konzert in der Apostelkirche. Um die anfänglich als lockerer Verbund initiierte Arbeitsweise auf ein Fundament zu stellen, erfolgte 2001 die Gründung eines Vereins. Bis 2018 war Norbert Thines, Ehrenbürger der Stadt Kaiserslautern, Vorsitzender des Vereins. „Der Tod von Norbert Thines 2021 bedeutete einen Einschnitt“, erinnert Redzimski an die erfolgreiche Tätigkeit des langjährigen Vereinsvorsitzenden. Auf Thines folgte Werner Stumpf, ehemals Vorstandsmitglied der Stadtsparkasse Kaiserslautern.

„Mit den Jahren wurde die Altenhilfe mehr und mehr zu einem kleinen Sozialwerk für Stadt und Landkreis Kaiserslautern ausgebaut“, blickt Redzimski auf eine erfolgreiche Arbeit seiner Initiative zurück. Im Mehrgenerationenhaus in der Kennelstraße wurde eine eigene Geschäftsstelle etabliert. Sogar eine eigene, vierteljährlich erscheinende Zeitschrift „Wir“, ein Blatt für ältere Menschen, wurde herausgegeben.

Die Erfahrung, dass ältere Menschen mehr als nur materielle Hilfe benötigen, führte zur Gründung des Besuchskreises. „Das Herzstück von ,alt – arm – allein’.“ Der persönliche Kontakt zwischen ehrenamtlich tätigen Frauen und Männern und den Besuchten ermöglichte menschliche Nähe und soziale Wärme. Heute gehören dem Besuchskreis, der sich regelmäßig zu einem Austausch und zu Fortbildungen trifft, zwischen 50 und 60 Personen an.

Da viele der betreuten Personen alleine leben, der Partner bereits verstorben ist, haben sich im Laufe der Zeit Veranstaltungen bewährt, die der Unterhaltung und der Geselligkeit älterer Menschen entgegenkommen. Ob ein jährlicher Ausflug mit dem Bus zur Waldgaststätte Kneispermühle bei Wallhalben, ein Besuch des Waldfestes der Zuversicht, das im Sommer zusammen mit den Hobby-Singers in der Fuchsdelle in Erfenbach durchgeführt wird oder ein Weihnachtsessen an Heiligabend im Restaurant „Julien“: Die Resonanz der Besucher war enorm. Der Pandemie war es geschuldet, dass die Veranstaltungen in den vergangenen beiden Jahren nicht stattfinden konnten.

Neben dem Verein „alt – arm – allein“ wurde 2008 von der RHEINPFALZ, der Apostelkirche und der Marienkirche eine gleichnamige Stiftung ins Leben gerufen. „Mit Gründung der Stiftung haben wir einen Schritt zur Verstetigung der Arbeit und zur Zukunft des Vereins gemacht“, erläutert Redzimski, deren Vorsitzender. Nachlässe und Erbschaften zugunsten des Vereins waren es, die den Vereinsvorstand zur Gründung einer Stiftung veranlasst haben. Hilfsbereitschaft und Menschlichkeit von Bürgern hätten dazu geführt, dass in Todesanzeigen Spenden zugunsten von „alt – arm – allein“ erbeten werden.

Mit der jährlichen Weihnachtsspendenaktion habe die RHEINPFALZ sozialpolitisch Signale gesetzt. „Altersarmut wurde thematisiert, Menschen aus ihrer Isolation herausgeholt“, spricht Redzimski von praktizierter Sozialpolitik. Mit stetig steigendem Spendenaufkommen konnte „alt – arm – allein“ in 25 Jahren über sechs Millionen Euro einsammeln. Die bislang höchste Summe erzielte die Weihnachtspendenaktion im Jahr 2020 mit 392.000 Euro. „alt – arm – allein“ habe den Nerv der Bürger getroffen, sagt Redzimski.

Das unbürokratische und soziale Engagement wurde in den zurückliegenden Jahren mehrfach von namhaften Festrednern bei Eröffnungsveranstaltungen zur Weihnachtspendenaktion betont. Die finden mal in der Marienkirche, mal in der Apostelkirche statt. Beispielhaft sei an die Ausführungen von Rednern aus der Region und über die Region hinaus erinnert: Der Speyerer Weihbischof Otto Georgens und die damalige Sozialministerin und heutige rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer, Heiner Geißler, ehemals Landes- und Bundesminister, Oberbürgermeister Klaus Weichel und der Mediziner Gerhard Trabert stellten sich in den Dienst der Spendenaktion.

„Der Erfolg der Spendenaktion geht auf viele engagierte Menschen zurück, die sich bis heute für die gute Sache zur Verfügung stellen, sich weiter einsetzen und die Arbeit fortentwickeln“, sagt Hans-Joachim Redzimski, Erfinder und Gründer von „alt – arm – allein“.

Von Joachim Schwitalla

Quelle:
DIE RHEINPFALZ, Lokalausgabe Pfälzische Volkszeitung vom 19. November 2022
view – die agentur (Foto)

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