„Wir stehen zusammen“ , sang der Chor Vocalis aus Sambach am Sonntagabend bei der Eröffnung der 23. Weihnachtsspendenaktion der RHEINPFALZ zugunsten der Altenhilfe „alt – arm – allein“. Und genau das ist die Stärke des Bündnisses, das unbürokratisch hilft. Festredner Udo Sopp, Kirchenrat in Ruhe, würdigte „alt – arm – allein“ als ein „Heimatprojekt“. Viele Menschen waren in die Apostelkirche gekommen.
Von Claudia Schneider
Die Altenhilfe „alt – arm – allein“, getragen von der RHEINPFALZ, Apostelkirchengemeinde und St. Maria, ist nicht mehr wegzudenken aus dem gesellschaftlichen Leben in Kaiserslautern. Das machten die vielen Redner am Sonntagabend in der Apostelkirche deutlich.
Udo Sopp, Pfarrer in Ruhe, der die Frage „Heimat – wo bis du?“ in den Mittelpunkt seiner sehr gehaltvollen, akademischen Festrede gestellt hatte, kam zu dem Schluss, dass „alt – arm – allein“ ein Heimatprojekt ist, das es schaffe, Ersatz zu bieten für das, was früher Urahne, Großmutter und Kind zu leisten vermochten. Früher, als die Generationen noch unter einem Dach wohnten, seien viele arm gewesen, aber niemand allein. Heute steuere der „Dreierbund“, die beiden Kirchen und die Zeitung, mit der Hilfsaktion gegen die Not an. Und vor allem beugten sie der Einsamkeit vor, dieser oft unerkannten und deshalb nicht behandelten Volkskrankheit. Ein ganz schweres Los sei es, allein und arm zu sein, meinte Sopp. Dank der Altenhilfe werde es heller und weihnachtlich warm, bilanzierte er. Wer sich für „alt – arm – allein“ engagiere, habe erkannt, dass Freiheit auch Verantwortung bedeute, brachte es der ehemalige pfälzische Kirchenrat auf den Punkt.
Erinnerungen an die Zeit beim FCK
Sopp beleuchtete den Heimatbegriff kritisch. Heimat sei da, wo die Menschlichkeit wohne. Sie sei dort, wo mit Fantasie und Freude geholfen werde. Dafür gelte es aber auch Neubürger mitzunehmen, ihnen die Nahwelt schmackhaft zu machen. Das gelinge nur, wenn man zu den Werten und Traditionen seiner Herkunft stehe. Wer eine neue Heimat finden wolle, müsse sich auch anpassen. Heimat sei ein umstrittenes und darum zu klärendes Elementarproblem des Zusammenlebens in der modernen Gesellschaft in Zeiten der Globalisierung, auch in Kaiserslautern. Da gehe es auch um die sozialräumliche Zugehörigkeit. Die Politik sei bei vielen Fragen ratlos und zeige keine Perspektiven auf, monierte Sopp. Die Kirchen auch nicht. „Wir schaffen das“ sei auf jeden Fall eine dem Problem nicht angemessene Aussage.
Sopp hatte seinen Vortrag sehr persönlich eingeleitet. Beispielsweise verwies er auf sein besonderes Verhältnis zur Apostelkirche. Dort war er vor fast 49 Jahren als Pfarrer eingeführt worden, rief er in Erinnerung. Seine Verbindung zu „alt – arm – allein“ verknüpfte er auch mit seinem besonderen Verhältnis zu Norbert Thines, dem Mitbegründer der Altenhilfe. Als FCK-Präsident habe er mit Thines, der damals FCK-Geschäftsführer war, eine lange Wegstrecke zurückgelegt. Er habe ihn schon damals als einen sozial engagierten Menschen erlebt.
Hans-Joachim Redzimski, Leiter der RHEINPFALZ-Lokalredaktion Kaiserslautern, bezog sich auf das Logo der Spendenaktion. Es zeigt zwei alte Hände beim Häkeln. Sie stehen für die Arbeit von „alt – arm – allein“, die Hilfe für ältere, bedürftige und allein stehende Menschen.
„Ich bin dankbar, dass es Menschen gibt, die sich gerne in den Dienst am Nächsten stellen“, betonte Redzimski. „alt – arm – allein“ sei mittlerweile eine große Häkelarbeit, eine große Handarbeit geworden. „Das Material dazu liefern im Wesentlichen jedes Jahr die Leserinnen und Leser der RHEINPFALZ.“ Mit ihren Spenden zur Weihnachtszeit sorgten sie dafür, dass die Häkelnadeln bei „alt – arm – allein“ weiter rundgehen können. Ohne die Großzügigkeit der Spender sei die Aktion nicht möglich.
„Weihnachten ist keine Jahreszeit, sondern ein Gefühl“
Dank der Initiative erhalten arme Menschen Weihnachtspäckchen, die von den Mitgliedern des Besuchskreises zugestellt werden, das Restaurant Julien beschert den Bedürftigen an Heiligabend eine Weihnachtsfeier, hob Redzimski hervor. All dies setze ein wichtiges Zeichen, weil es in der Begegnung mit armen Menschen Würde vermittele und praktische Hilfe leiste. Für Redzimski ist Weihnachten keine Jahreszeit, sondern ein Gefühl. „alt – arm – allein“ wolle helfen, dieses Gefühl zu vermitteln. Anknüpfend an Udo Sopps Ausführungen zum Thema Heimat bekannte Redzimski: „Wir wollen ein Stück Heimat sein.“
Der Lokalchef ging auch auf den Ehrenvorsitzenden der Altenhilfe, Norbert Thines, ein, der sich krankheitsbedingt nicht mehr einbringen kann: „Ich denke, er ist heute und in den kommenden Wochen bei uns.“
Nicole Bizik, Pfarrerin der Apostelkirche, würdigte die Hilfsaktion als einen Beweis dafür, dass es den Menschen nicht egal ist, was vor ihrer Haustür passiert. „Sie zeigt, dass wir aufeinander Acht geben.“
„Kaiserslautern kann sich glücklich schätzen, einen Verein zu haben, der seit 22 Jahren unbürokratisch und gezielt älteren, bedürftigen und allein stehenden Menschen in Stadt und Landkreis hilft“, sagte Christian Littek, Leiter des Referats Soziales bei der Stadtverwaltung. Dadurch sei das Leben vieler Älterer ein kleines Stück menschlicher und lebenswerter geworden. „alt – arm – allein“ sei zu einer der großen Säulen sozialen Engagements in der Stadt geworden. Die Altenhilfe habe es mit ihrem unverkrampften, offenen Umgang mit dem Thema Armut geschafft, dass Hürden fallen. Heute trauten sich Menschen über ihre finanziellen Sorgen zu sprechen und auch anderen den Rat zu geben: „Wende dich mal an ,alt – arm – allein’, die können dich zumindest beraten und unterstützen.“ Wirksame Hilfe müsse menschlich, unbürokratisch, direkt und vertraulich sein. Er erlebe es im Sozialreferat täglich, dass Menschen, die ihr ganzes Leben gearbeitet haben, das Geld nicht mal für das Allernotwendigste reiche. Nicht einmal für selbstverständliche Kleinigkeiten wie das Stück Kuchen am Sonntag. „Da werden neue Möbel und Kleider zum Luxusgut“, so Littek.
Über 455.000 Euro für Menschen in Not
Peter Schmidt, Beigeordneter des Landkreises, ging auf das großartige ehrenamtliche Engagement bei „alt – arm – allein“ ein. Da werde wertvolle Arbeit geleistet, unkompliziert geholfen – selbst wenn der Kühlschrank kaputt sei. Über 455.000 Euro seien 2018 für Menschen in Not ausgegeben worden, sagte Schmidt. Sich bei der Hilfsaktion einzubringen, sei Ehrensache. Schmidt unterstrich, dass sich nicht nur Menschen aus dem Landkreis an der Spendenaktion beteiligen, sondern auch Menschen aus dem Landkreis profitieren, wenn sie finanziell im Alter in eine missliche Lage geraten. Für die Helfer sei es eine Freude zu erleben, dass das Gute, was sie tun, direkt bei den Menschen ankomme. „Da spielen Wertschätzung und Nächstenliebe noch eine wichtige Rolle.“
Die Stars des Abends waren die Sänger. Ganz viel Applaus gab es für den gemischten Chor Vocalis aus Sambach, der auf hohem Niveau die feierliche Veranstaltung auflockerte und mitgestaltete. Ein Höhepunkt war die Nummer „We are the world“.
Quelle:
DIE RHEINPFALZ, Ausgabe Pfälzische Volkszeitung vom Montag, 25.11.2019
Fotos: Agentur VIEW, Kaiserslautern