Anliegen: Die Welt zu einem besseren Ort machen

Seit 1997 ist die Altenhilfe „alt – arm – allein“ in Stadt und Landkreis präsent und aktiv, am Sonntag startete in der Apostelkirche die 29. Auflage der Weihnachtsspendenaktion. Diese strahle mittlerweile weit über die Westpfalz hinaus, das Engagement von „alt – arm – allein“ gehöre zu Rheinland-Pfalz, sagte der Festredner, Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD). Hans-Joachim Redzimski, der Erfinder der Altenhilfe, würdigte Helfer der ersten Stunde.
Von Andreas Sebald
Nein, er wolle eigentlich keine Presseschelte betreiben, aber so ein bisschen schimpfen müsse er doch. Auf die Presse und auf die Berichterstattung von vorwiegend negativen Dingen. Alexander Schweitzer, SPD-Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, war am Sonntag beim Start in die 29. Weihnachtsspendenaktion zugunsten von „alt – arm – allein“ der Festredner in der Apostelkirche. „Es wird immer alles schlechter und alles geht bergab.“ Den Eindruck könne man gewinnen, wenn man die Nachrichten verfolge. Mehr noch: Viele hingen an der guten, alten Zeit, als alles – scheinbar – viel besser gewesen sei. „Sie sagen ,Früher war alles besser’ und meinen doch nur sich selbst“, so Schweitzer, der darin „eine nostalgische Verklärung“ vergangener Tage sah.

Ministerpräsident Alexander SchweitzerJedoch sei eines früher vielleicht doch besser gewesen: der Zusammenhalt, das gegenseitige Kümmern. Sicher sei das auf dem Land auch teilweise als Enge empfunden worden, dennoch rief Schweitzer dazu auf, sich wieder mehr um andere zu kümmern und sich verstärkt für andere einzubringen.

Ein gutes Zeichen sei das große ehrenamtliche Engagement landauf, landab. „Wir sind Deutscher Meister im Ehrenamt.“ Viele Menschen engagierten sich für Sport und Musik, andere kümmerten sich um das soziale Miteinander. Eine solche Initiative sei „alt – arm – allein“, die sich einbringe, die sich engagiere und dabei mithelfe, dass die Menschen wieder mehr gegenseitig aufeinander acht geben.

Gegen Altersarmut und Einsamkeit

Zuvor hatte er von seinen Begegnungen mit Hans-Joachim Redzimski, dem Erfinder von „alt – arm – allein“, und Norbert Thines, lange Jahre das Gesicht der Altenhilfe, berichtet. „,alt – arm – allein’ gehört nicht nur zu Kaiserslautern und der Westpfalz, sondern auch zu Rheinland-Pfalz“, sagte der Ministerpräsident.

Zwei Dinge würde er gerne stärker bekämpfen: Altersarmut und Einsamkeit. Insbesondere Frauen seien von Armut im letzten Lebensdrittel bedroht, weil sie zwar gearbeitet und Kinder erzogen hätten, aber vielleicht nicht immer genug Geld in die Rentenkassen einbezahlt hätten. „Armut ist kein individuelles Problem, es ist ein gesellschaftliches“, unterstrich Schweitzer. Menschen, denen das Geld im täglichen Leben fehlt, zögen sich oftmals zurück, seien dann von Einsamkeit bedroht. „Die Kraft der Solidarität muss stärker sein als die Individualisierung“, appellierte Schweitzer an das Miteinander.

Es könne nicht alles schlecht sein im Land, wenn sich so viele Menschen in unterschiedlichsten Bereichen engagierten. Aber er wisse, dass er in der Apostelkirche von der Kanzel zu den Gläubigen predige, sprich: von den rund 100 Menschen, die zum Auftakt am Sonntag gekommen waren, seien die meisten bereits schon aktiv, bekleideten wahrscheinlich bereits mehrere Ehrenämter, vermutete Schweitzer. So müsse die Botschaft von den Anwesenden nach draußen getragen werden. „Engagier Dich! Meld Dich beispielsweise bei Herrn Stahl“, machte Schweitzer abschließend Werbung für ehrenamtliches Engagement im Allgemeinen, und für eine Unterstützung von „alt – arm – allein“ im Speziellen: Manfred Stahl ist der Vorsitzende der Initiative.

„Altersarmut betrifft viel zu viele Menschen in Kaiserslautern“, sagte die Oberbürgermeisterin der Stadt, Beate Kimmel (SPD). „alt – arm – allein“ reagiere darauf nicht mit großen Worten, sondern mit praktischer Hilfe, nicht nur mit materiellen Dingen – eine neue Waschmaschine, eine Busfahrkarte oder ein Friseurbesuch –, sondern auch mit kleinen Gesten, mit Besuchen. So schaffe die Altenhilfe „Nähe, wo Distanz und Isolation drohen“, sagte die Oberbürgermeisterin. Insgesamt verfüge Kaiserslautern über ein gutes Netzwerk mit Blick auf die Seniorenarbeit.

Welches Privileg Baustellen bieten

„Solange Armut, Ungerechtigkeit und Ungleichheit in der Welt fortbestehen, kann keiner von uns wirklich ruhen.“ Landrat Ralf Leßmeister (CDU) zitierte den ersten schwarzen Präsidenten von Südafrika, Nelson Mandela, in seinem Grußwort. „alt – arm – allein“ gebe keine Ruhe, stellte der Landrat fest und leiste so „einen Beitrag zum sozialen Frieden“. Das Wirken der Altenhilfe gehe „weit über das normale Maß an Mitmenschlichkeit hinaus“, sagte Leßmeister.

Als erste Rednerin war die Hausherrin, Pfarrerin Nicole Bizik, ans Mikrofon getreten und hatte die Gäste in der Apostelkirche, „die immer noch eine Baustelle ist“ , willkommen geheißen. Sie nannte es „ein Privileg“, sich über eine Baustelle aufregen zu können, denn die Perspektive sei ja, dass diese irgendwann zu Ende gehe und dann alles besser werde. „Dieses Privileg haben viele ältere und arme Menschen nicht.“ Deren Alltag sei oftmals mit einer Baustelle vergleichbar. Die Altenhilfe gebe vielen Menschen Würde und ermögliche Teilhabe. „Das macht ,alt – arm – allein’ so wertvoll“, sagte Bizik.

„Stadt und Landkreis können stolz darauf sein, dass es diese Initiative gibt“, sagte Wolfgang Kreilinger, der stellvertretende Chefredakteur der RHEINPFALZ. Er lobte die Weitsicht des Erfinders der Altenhilfe, Hans-Joachim Redzimski, und des lange Jahre bei „alt – arm – allein“ engagierten, 2021verstorbenen Norbert Thines. Kreilinger nannte beide „Visionäre“. Thines war zuvor von Schweitzer als ein „wunderbarer Mensch“ gewürdigt worden. Der ehemalige FCK-Funktionär war ab 2001 Vorsitzender des Vereins „alt – arm – allein“ und wurde 2018 zum Ehrenvorsitzenden ernannt.

Kreilingers Gedanke, dass Lokalzeitungen wie die RHEINPFALZ „von und mit der Gesellschaft leben“, griff Redzimski auch in seinem traditionellen Schlusswort auf. Er war von 1993 bis Ende 2020 Leiter der Lokalredaktion der RHEINPFALZ in Kaiserslautern gewesen. Die Zeitung spiele nach wie vor eine tragende Rolle bei den Spendenaktionen. „Ohne die Strahlkraft der Zeitung hätte ,alt – arm – allein’ nie das werden können, was es heute ist“, sagte Redzimski.

Dank an den ehemaligen Vorstand Werner Stumpf

Er erinnerte auch an die Anfangstage von „alt – arm – allein“, mit Marita Gies, Margit Schupp und Hans-Joachim Schulz seien immer noch drei Mitstreiter der ersten Stunde im Jahr 1997 aktiv bei der Initiative, die über die Jahre „erwachsen geworden“ sei. Dass in diesem Jahr die 29. Auflage der Spendenaktion, getragen von Marienkirche, Apostelkirche und der RHEINPFALZ, starte, „bewegt mich sehr“, sagte Redzimski: „Wo ist die Zeit geblieben? Hatten wir nicht gerade erst die Idee, etwas für ältere, bedürftige und alleinstehende Menschen zu tun?“

Redzimski nutzte die Gelegenheit, dem im Sommer aus dem Amt geschiedenen Vorsitzenden Werner Stumpf zu danken. Er habe „mit großer Hingabe und Menschlichkeit unsere Altenhilfe weiterentwickelt“.

„alt – arm – allein“ ist mittlerweile in der Königstraße 25 zu finden, das Gebäude habe sich nicht nur zu einem „Haus der Hilfe“, sondern auch zu einem „Haus der Begegnung“ entwickelt: Spielenachmittage sowie Filmnachmittage und andere gemeinsame Aktionen fänden dort statt. Dass Menschen in Not mehr „als nur sächliche Hilfe benötigen“, sei „von Anbeginn an unsere Erkenntnis gewesen“, sagte Redzimski. „Die Menschen brauchen nicht nur Fürsprache, sie brauchen auch Ansprache.“ Das spiegle sich etwa im Besuchskreis, aber auch im „Waldfest der Zuversicht“, dem alljährlichen Ausflug zur Kneispermühle im Wallhalbtal sowie in der Feier an Heiligabend. Das sorge dafür, dass „sich Menschen abgeholt“ fühlten.

Die Arbeit von „alt – arm – allein“ sei eine Gemeinschaftsaufgabe, sagte Redzimski. Viele Menschen trügen in den unterschiedlichsten Funktionen dazu mit ihrem Engagement bei. Sein „großes, großes Lob“ für alle daran Beteiligten, quittierten die rund 100 Menschen in der Apostelkirche mit spontanem Applaus.

Gospelsingers Schopp reißen mit

Die Welt zu einem besseren Platz für Dich und mich zu machen – wie es die Gospelsingers Schopp in dem von ihnen vorgetragenen Stück „Heal the World“ von Michael Jackson besangen – das sei auch eines der Anliegen von „alt – arm – allein“, hatte Redzimski sein Schlusswort eröffnet. Er schloss es mit dem Hinweis, dass der am Sonntag in der Apostelkirche zu hörende Chor, der mit sechs Stücken den Abend musikalisch mitgestaltet hatte, im Dezember noch zwei weitere Auftritte plant: am 7. Dezember in der Friedenskirche und am 14. Dezember in der protestantischen Kirche in Ramstein-Miesenbach.

Quelle: DIE RHEINPFALZ, Ausgabe Pfälzische Volkszeitung vom Dienstag, 25. November 2025

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